Wir schrieben den 17.07.2984. Die „Pioneer“, ein
Forschungsschiff, das die Aemalonga-Galaxie untersuchen sollte, war seit über
einem halben Jahr überfällig, was für das Sternendirektorat Grund genug war,
ein weiteres Schiff auszusenden: Uns, die „Endeavor“. Das Schiff war klein,
hatte eine lediglich 20-köpfige Besatzung, gehörte aber zu den schnellsten der
Flotte.
Seit im Jahre 2412 der Hyperraumantrieb erfunden worden war
hatte die Raumfahrt eine ähnlich rasante Entwicklung genommen wie die Luftfahrt
in den ersten 100 Jahren nach dem Erstflug der Gebrüder Wright: Wir bereisten
mittlerweile nicht mehr nur Sonnensysteme in der eigenen Galaxie, sondern ganze
Galaxien. Die Menschheit hatte sich im ganzen Universum ausgebreitet und einige
erstaunliche Entdeckungen gemacht: So wurden zum Beispiel alle
Science-Fiction-Autoren der Vergangenheit als Phantasten entlarvt, da zwar
mannigfaltiges Leben gefunden worden war, bisher aber kein intelligentes.
Die Startvorbereitungen diesmal hatten lang gedauert –
länger als bei allen bisherigen Flügen: Unsere Laboratorien waren ausgebaut
worden, um Kälteschlafkammern Platz zu machen, da die Reise trotz der
„Abkürzung“ über den Hyperraum noch ein halbes Jahr dauern würde, die
Einweisung der Brückencrew hatte ebenfalls mehr Zeit in Anspruch genommen als
bisher.
Jetzt jedoch war es soweit: Die „Endeavor“ lief auf
Auto-Pilot, soeben bestieg als vorletzter der Crew unser Captain ihre
Schlafkammer, während ich, die Schiffsärztin, ein letztes Mal gewissenhaft alle
Funktionen der Kammern überprüfte, bevor auch ich mich in die Kammer begab.
Während der Nebel mit dem Sedativum die Kammer füllte warf
ich einen letzten Blick auf die Ringe des Saturns – dann schlief ich ein.
Wie üblich war mir entsetzlich kalt, als ich erwachte. Mit
schweren Gliedern wischte ich die Scheibe der Schlafkammer sauber, sah einen
wunderschönen Sternennebel an der Sichtscheibe vorüberziehen und öffnete die
Tür der Kammer. Zum Glück hatte der Schiffscomputer die „Endeavor“ gut
temperiert, mir wurde schnell wärmer, während ich die Bewegungen in den anderen
Schlafkammern wahrnahm und beruhigt feststellte, wie sich in unregelmäßigen
Abständen auch die anderen 19 öffneten. Obwohl die Kammern über Elektroimpulse
dafür sorgen sollten (und das sicher auch taten), dass die Muskeln sich während
der Schlafphase betätigten, fühlten sich meine schrecklich steif an. Das schien
im Übrigen nicht nur mir so zu gehen: Fast die Hälfte der Besatzung begab sich
ebenso wie ich mit schweren Schritten unter die Duschen, wo wir uns mit warmem
Wasser und gegenseitigem Massieren wieder in volle Beweglichkeit versetzten.
Im Umkleideraum kämmte ich meine Haare sorgfältig und
schlüpfte dann in meine Uniform, die sich wie eine zweite Haut an meinen Körper
schmiegte und sich wie immer so dünn anfühlte, dass sie einem unwissenden
Betrachter schlicht nutzlos vorkommen musste: Meine Brüste zeichneten sich
durch sie ebenso ab wie meine Schamlippen, allerdings wurde die Funktion des
Kleidungsstückes durch darunter getragene Wäsche schwer beeinträchtigt: Sie
sorgte nämlich dafür, dass mein Körper seine Normaltemperatur bei allen bisher
erlebten Witterungsbedingungen hielt – mir persönlich war körperliches
Wohlbefinden wichtiger als Schamgefühl, abgesehen davon war ich mir selbst
gegenüber ehrlich genug festzustellen, dass ich es nicht wenig genoss, dass
auch die anderen Besatzungsmitglieder in ihren Uniformen beinah nackt aussahen.
Der Umkleideraum leerte sich langsam: Die blau gekleideten
Techniker begaben sich in den Maschinenraum, die rot gekleideten Offiziere auf
die Brücke, während das in Grün gekleidete medizinisch-wissenschaftliche Team
sich auf die Laboratorien und die Krankenstation verteilte. Letztere gehörte
mir allein. Bei lediglich 20 Besatzungsmitgliedern stand uns nur ein
medizinischer Offizier zu, und der genügte auch: Es dauerte exakt eine Stunde,
bis ich alle Computer und Geräte auf ihre Funktion überprüft hatte – dann
begann ich mich zu langweilen.
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